Mar 'e Pontis Museum
Das Museum Peschiera Mar 'e Pontis.
Ultima modifica 13 settembre 2024
Das Museum befindet sich im Peschiera Mar 'e Pontis und erzählt die Geschichte, Tradition und Kultur eines Fischkompendiums von großem historischen Wert und starker Touristenattraktion.
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Historische Anmerkungen zum Stagno di Mar 'e Pontis
Pasraxius
Tzaracus de pischera
Sciaigoteris
Poigeris
Bogheris
Paramitaius
Die Revolte
Mar 'e Pontis
Mar ‘e Pontis
Der Stagno (Lagunensee) di Mar 'e Pontis ist so ausgedehnt groß, dass er ein richtiges Meer zu sein scheint. Von den Einheimischen wurde er deswegen schon immer als ein solches bezeichnet. Denn „Mari“ heißt im Sardischen Meer. In der Tat erstreckt er sich, ohne die Lagune Mistras mit zu berücksichtigen, über eine Fläche von etwa 2.350 Hektar. Einschließlich der ihn umgebenden Sumpfgebiete und Weiher ist er eines der größten und wichtigsten Feuchtgebiete Europas, das zum großen Teil durch die Ramsar-Konvention und durch zahlreiche nationale und internationale Schutzbestimmungen geschützt ist.
Das Wasser des Mar 'e Pontis ist unterschiedlich stark salzhaltig und kann je nach der Farbe des Himmels schlagartig wechselnde Farbschattierungen annehmen. Der Stagno hat sein Aussehen sowohl aus hydrographischer als auch aus morphologischer Sicht im Laufe der Jahrhunderte und Jahrtausende sicherlich mehrfach verändert. Heute bedeckt er etwa ein Fünftel des 102 Quadratkilometer großen Gebiets der Gemeinde Cabras. Es soll jedoch nicht unerwähnt bleiben, dass ein Teil seines großen nördlichen Beckens zur Gemeinde Riola Sardo gehört. Will man eine imaginäre Grenzlinie ziehen, so kann man ausgehend von der „Punta su Meriagu“ im Westen, am Fuße des Sinis-Hügelstrangs, bis zur „Punta 'e colletu“ (Sa pastura 'e colletu) im Osten des fischreichen Lagunensees schauen, wo eine lange Uferstraße die Grenze zur Gemeinde Nurachi bildet.
Mit ein wenig Phantasie ähnelt der Stagno di Mar 'e Pontis, der wahrscheinlich besser als Stagno di Cabras bekannt ist, von oben betrachtet einer Ente, deren Schnabel in Richtung des Golfs von Oristano zeigt. Diese zum Mare di Sardegna gehörende Meeresbucht ist für das Wasser des Stagno grundlegend wichtig.
Denn den Stagno di Mar 'e Pontis verbindet ein dichtes Netz von Kanälen mit dem Golf. Dieses hat durch den Wechsel von Ebbe und Flut stets dazu beigetragen, den Sauerstoffgehalt des Wassers zu regulieren. Dadurch wurde der Reichtum und die Qualität der Fischbestände im Stagno gesichert. Der am Nordende des Stagno gelegene Zufluss Rio Mare 'e Foghe spielt ebenfalls eine fundamental wichtige Rolle für den Schutz der biologischen Vielfalt. Denn er ist so etwas wie eine Nabelschnur zwischen dem Wasser des Stagno und dem gesamten Wassereinzugsgebiet der Bergregion Montiferru.
Der Stagno di Mar 'e Pontis war schon immer ein sehr fischreiches Gewässer, weshalb es sogar schon in maßgeblichen lateinischen Quellen erwähnt wird. Und nicht zufällig zeugen archäologische Fundstätten aus der Jungsteinzeit, wie die von „Cucuru is arrius“, „Conca Illonis“ und sicherlich noch weitere, die noch auf ihre Entdeckung warten, davon, dass schon in grauer Vorzeit Menschen in diesem Gebiet lebten. Diese historischen Siedlungen bestätigen, dass das nahe Wasser des Stagno und die umliegenden fruchtbaren Böden schon damals den Menschen reiche Nahrungsquellen boten.
Unbestreitbar haben alle Menschen, die im Laufe der Jahrtausende in dieser sehr wichtigen Region Sardiniens lebten, von der Existenz dieses riesigen Gewässers profitiert. Auch wenn es sich im Laufe der Zeit in Form und Größe verändert hat, war es doch immer in der Lage, wichtige Nahrungs- und Wirtschaftsressourcen zu bieten.
Historische Anmerkungen zum Stagno di Mar 'e Pontis
Die erste urkundliche Erwähnung des Stagno di Mar 'e Pontis stammt aus dem Jahr 1237. Es handelt sich um ein Schreiben, in dem Peter II., Richter von Arborea, die Schenkungen seiner Eltern an die Kirche und das Kloster Santa Maria di Bonarcado bestätigt und den Mönchen die Fischfangrechte im Stagno einräumt.
Später gingen der Stagno und die Fischfanganlage (peschiera) in den Besitz der spanischen Krone über und König Ferdinand von Aragon verbot ihre Abtretung, Veräußerung und Verpfändung.
Am 6. Juli 1652 übertrug Philipp IV. von Kastilien dem genuesischen Bankier Geronimo Vivaldi als Gegenleistung für ein großzügiges Darlehen den Stagno di Santa Giusta und den Stagno di Mar 'e Pontis mit der dazugehörigen Fischfanganlage als Pfand. Er überließ ihm damit den Ertrag aus dem Fischfang als Äquivalent sowohl für die Begleichung der aufgelaufenen Zinsen als auch für die Rückzahlung des geliehenen Kapitals.
Am 26. Juni 1838 verzichtete Karl Albert von Savoyen auf die Ablösung des Nutzpfands und alles, was die Familie Vivaldi als Sicherheit erhalten hatte, ging in ihr Eigentum über. Von nun an wurde der Stagno an wohlhabende Bürger von Oristano verpachtet – gegen eine jährliche Zahlung von 30.000 Scudi an den Markgrafen Vivaldi-Pasqua.
Am 23. Juli 1853 verkaufte die Familie Vivaldi-Pasqua den Stagno di Mar 'e Pontis für 1.250.000 neue Lire an den Cavaliere Salvatore Carta aus Oristano.
Von diesem Zeitpunkt an und bis in die 1960er Jahre hinein entsprach die Organisation des komplexen Fischerei-Systems im Stagno einem feudalistisch geprägten Schema. Das garantierte beträchtliche Gewinne, die sich aus einer je nach der Bedeutung der ausgeübten Funktionen unterschiedlichen hierarchischen Strukturierung der Aufgaben und Pflichten beim Fischfang ergaben.
Nach dem Tod des Cavaliere Carta gingen sowohl der Stagno als auch die Fischfanganlage an seine Erben über, die Familien Carta-Pabis, Corrias, Boi und Campus. Diese behielten die gleiche Bewirtschaftungsform bei.
Nach dem Regionalgesetz Nr. 39 aus dem Jahr 1956, mit dem die Abschaffung der Feudalrechte an den Binnengewässern auf Sardinien beschlossen wurde, begann eine zum Teil sehr spannungsgeladene und konfliktreiche Entwicklung. Diese führte dazu, dass der Stagno di Mar 'e Pontis, der inzwischen in den Besitz der Region übergegangen war, einem Konsortium von Fischerkooperativen anvertraut wurde, die ihn auch heute noch bewirtschaften.
Pasraxius
Das lebendige Herz und das wichtigste operative Zentrum des Fischereiwesens von Cabras war „Sa pischera 'e Mar 'e Pontis“, oder „Pischera manna“, die große Fischfanganlage zwischen dem Stagno und dem Meer. Diese Lage ergab sich auf natürliche Weise aus dem gesamten produktiven Prozess des Fischfangs im Lagunensee. Denn hier endete der gewinnbringende Zyklus der Fischbewirtschaftung. Hier wurden die Fische abgefischt, die vom natürlichen Fortpflanzungstrieb getrieben, zurück ins offene Meer strebten.
Besonders in der in der Fischfanganlage (italienisch peschiera) spielten die pasraxius (die für das Wiegen Zuständigen) eine vielfach beneidete Rolle. Denn der su meri 'e pischera (der Herr der Anlage) hatte sie mit Bedacht ausgewählt und ihnen auch die heikle Aufgabe des Abwiegens des gesamten Fangs anvertraut. Die sorgsame Auswahl und das große Vertrauen waren auch notwendig, denn es handelte sich um eine Aufgabe von großer Verantwortung. Die Auswahl der pasraxius wurde auch durch das hohe Maß an Professionalität und Geschick bestimmt, dem sie gerecht werden mussten. Denn sie kümmerten sich unter anderem um die Abwicklung des Verkaufs des Fangs. Sie waren für die Aushändigung der Lieferscheine und Übernahme der erzielten Erlöse zuständig. Sie kümmerten sich um alle Wartungsarbeiten in der Anlage oder auch um eine notwendige Renovierung derselben. Und sie waren für die Organisation aller Fangaktivitäten in den Fanganlagen im gesamten Stagno verantwortlich.
Es muss nicht betont werden, dass es sich um so wichtige und nicht ersetzbare Personen handelte, dass sie den vollen Respekt aller Menschen verdienten, die in der Welt des Fischfangs und darüber hinaus tätig waren. Das galt sowohl für die Mitarbeiter als auch für deren Familien.
Es gab zwei pasraxius de Pontis, die sich wöchentlich in der Durchführung ihrer Aufgaben abwechselten. Sie arbeiteten mal in der Fischfanganlage, mal im Scaiu in der Nähe der Pfarrkirche Santa Maria Assunta, wo die Boote am Ende ihrer Fangaktivitäten auf dem Stagno anlegten.
Zwei weitere pasraxius spielten ebenfalls eine wichtige Rolle, waren aber in der Hierarchie nachgeordnet. Sie waren mögliche Nachfolger der oben erwähnten pasraxius de Pontis und gleichzeitig die Koordinatoren und Verwalter der beiden Fischfanganlagen Sa Madrini und Pischeredda. In der ersten Anlage wurde der Zufluss von Jungfischen in den Stagno über die Zufuhrkanäle geregelt. In der zweiten hingegen wurden die Fische durch eine Barriere aus Schilf und am Boden des Stagno befestigten Pfählen daran gehindert, in den Rio Mare 'e foghe zu entweichen.
Su potaiu schließlich war eine sicherlich weniger wichtige Figur als die vier vorgenannten. Aber er war für ein sehr wichtiges Gebiet des Stagno verantwortlich, für Su Potu. Dieser Bereich war durch eine lange Reihe von Pfählen gekennzeichnet, die in einem bestimmten Abstand voneinander aufgestellt waren. Der Bereich war absolut geschützt, weshalb hier, außer in besonderen Ausnahmefällen, alle Fischfangaktivitäten verboten waren. Dieses Vorgehen ist ein weiterer Beleg dafür, dass in der gesamten Fischbewirtschaftung des Stagno nichts dem Zufall überlassen wurde, sondern alles auf eine bis ins kleinste Detail durchdachte Art organisiert war.
Tzaracus de pischera
Der strikt hierarchischen Ordnung der damaligen Zeit folgend standen die tzaracus de pischera auf einer niedrigeren Stufe als die pasraxius. Sie bildeten die Basis der für die Organisation aller Fischfangaktivitäten im Stagno zuständigen Personen. Tzaracu steht im Sardischen für Knecht. Allerdings ist die Bezeichnung nicht in der negativen lexikalischen Bedeutung zu verstehen, die wir ihr im Allgemeinen zuschreiben.
Vielmehr könnte man tzaracu in etwa mit dem Begriff „dienstbarer Mann“ übersetzen. Und in der Tat waren die sechs tzaracus (denn es wurden stets sechs von ihnen ernannt) Personen, die jederzeit zur Verfügung standen, um die unterschiedlichsten Aufgaben die sich aus der Fischbewirtschaftung des Stagno ergaben, anstandslos zu erledigen. Deshalb wurden sie einerseits nach ihrer Berufserfahrung und ihren Fähigkeiten, aber auch nach ihrer körperlichen und vor allem moralischen Tauglichkeit ausgewählt. Sie spielten von Woche zu Woche verschiedene Rollen, entweder als antzianu de potu, als vice antzianu de potu, als antzianu de pischera, als vice antzianu de pischera, als madrinaiu (Verantwortlicher für die Anlage Sa Madrini) oder sogar als coxi(n)eri (Koch). Dabei versuchte jeder von ihnen, sich bei der Erfüllung seiner Aufgaben bis zum Äußersten zu profilieren, auch er alle ein starkes Ziel vor Augen hatte, nämlich auf der hierarchischen Leiter des Stagno aufzusteigen und pasraxiu zu werden.
Die Funktion des tzaracu beinhaltete die Einhaltung sehr strenger Vorschriften, die auch die persönliche Freiheit einschränkten. Diese Rolle war geprägt von einer jahrhundertelang überlieferten, wahrhaft feudalistischen Erblast. Die tzaracu mussten zudem in Kauf nehmen, ihre Familie, die Verwandten und die Freunde für längere Zeit nicht zu sehen, wenn es die von unantastbaren Regeln geprägte Welt der Fischbewirtschaftung des Stagno von ihnen verlangte.
Allerdings gab es auch Ausnahmen von diesem strengen Regelwerk, und zwar dann, wenn sich dem tzaracu die Gelegenheit bot, sich an Orten, die ansonsten für ihn fast unzugänglich waren, jedem frei zu nähern. Das geschah insbesondere am 22. Januar eines jeden Jahres, dem Tag, an dem der Heilige Vinzenz gefeiert wurde. Bei dieser Gelegenheit waren die kleine Kirche gleichen Namens, die nur durch einen Kanal von der Fischfanganlage „Peschiera Pontis“ getrennt wird, und der gesamte große Platz davor, überfüllt. Alle wollten in religiöser Stille der Messe lauschen und anschließend mit Gesang und Tanz den Schutzpatron der peschiere (Fischfanganlagen) feiern. Natürlich durfte auch ein opulentes Mittagessen nicht fehlen. Das bestand natürlich aus Fischgerichten. Es wurde von den meris de Pischera angeboten und von den tzaracus ordnungsgemäß zubereitet.
Auch die Wartungsarbeiten an der Fischfanganlage boten den Führungskräften pasraxius, tzaracus und den in den verschiedenen Funktionen arbeitenden Fischern piscadoris die Gelegenheit zu einem geselligen Beisammensein, bei dem manchmal auch die obersten Herren von Mare 'e Pontis, also die Eigentümer des Stagno von Cabras, anwesend waren.
Es gab besonders wichtige und nicht aufschiebbare Aufgaben, um das Funktionieren der gesamten Anlage zu gewährleisten: das Auswechseln von beschädigten Schilfbarrieren (sa scarada e s'arrasadura), Pfählen und Planken sowie das ständige, körperlich belastende Säubern der Wasserwege von überschüssigem Schlamm, der sich in den Kanälen und im Inneren der Anlage angesammelt hatte. Für diese harten, langwierigen und anstrengenden Arbeiten wurden Fischer (poigeris und bogheris) herangezogen, die je nach Art und Dauer der Arbeiten in s'omu eccia (dem alten Haus) untergebracht werden konnten, einem eigens für den vorübergehenden Aufenthalt in der Fischfanganlage errichteten Gebäude. Dieses war nur einen Steinwurf von einem anderen, weitaus wichtigeren Gebäude su poatziu (dem Palast) entfernt. Das war das einzige Gebäude der Anlage, das über ein zweites Stockwerk und eine Terrasse mit Blick auf die gesamte Umgebung verfügte.
Diese Arbeitseinsätze waren ebenfalls eine gute Gelegenheit für die Fischer, direkt an die pasraxius und tzaracus heranzutreten. Hier konnten sie ihnen vertraulich ein persönliches, mit ihrer Arbeit verbundenes Problem schildern, um dafür eine möglichst gute Lösung zu finden.
Sciaigoteris
Diese Kategorie von Fischern wurde in den Zwanzigerjahren des 20. Jahrhunderts auf Wunsch von Don Peppino Carta, dem Bruder des bekannteren Don Efisio, als Anerkennung für ältere poigeris eingeführt. Diese hatten sich zwar eine besondere Anerkennung erarbeitet, waren aber nicht an den Punkt gekommen, zum tzaracu befördert zu werden. Es handelte sich um sechs ältere Fischer. Sie genossen eine privilegierte Stellung, da der Erlös aus ihrer Arbeit – nach Abzug des Anteils der Eigentümer des Stagnos – in nur sechs Teile aufgeteilt wurde. Die sciaigoteris benutzten ein Schleppnetz, sciaiga, ähnlich dem der poigeris, und ein Boot, braca de sa sciaiga genannt, was sich nicht allzu sehr von denen der poigeris und bogheris unterschied. Diese Kategorie verschwand Ende der Fünfzigerjahre des letzten Jahrhunderts wieder.
Poigeris
Der mobile Fischfang im Stagno wurde zwei besonderen Kategorien von Fischern anvertraut, den poigeris und den bogheris. Um in diesen Kategorien arbeiten zu können, musste man sich bewerben. Bei erfolgreicher Bewerbung wurde man zum festen Bestandteil der hierarchischen Organisation. Die Leitung des Unternehmens (hauptsächlich die meris und pasraxius) entschied auf der Grundlage von „physischen, beruflichen und moralischen Anforderungen“, ob sie den Bewerbungen stattgab oder nicht.
Die poigeris (von poigiu, ein Fischernetz-Typ) waren eine Gruppe von zwanzig Fischern, die mindestens 21 und höchstens 60 Jahre alt sein durften und das Recht hatten, das ganze Jahr über zu fischen – vorbehaltlich der jährlichen Erneuerung ihres Vertrags mit dem Unternehmen. Dieses stellte ihnen zwei Boote, schifu oder braca de poigiu genannt, für den Fischfang zur Verfügung. In jedem der Boote arbeiteten zehn Fischer, von denen acht auf den vier Sitzplanken ihren Platz hatten. Die beiden anderen bekamen vom Unternehmen ihren Platz am Heck (su puperi, der Bootsführer) bzw. am Bug (su cumandadori, der Gesamtverantwortliche) zugewiesen. Letztere hatten die Aufgabe, die Arbeiten zu koordinieren, das vom Unternehmen zur Verfügung gestellte Material zu überwachen und eventuelle Unregelmäßigkeiten zu melden.
Zusätzlich zu ihrer Arbeit im Stagno konnten die poigeris auf Anforderung des Unternehmens und gegen ein tägliches Entgelt an der Entnahme von Fischen aus den Becken der Haupt-Fischfanganlage teilnehmen. Oder sie stellten sich zusammen mit den bogheris für Wartungsarbeiten in der Anlage zur Verfügung oder sie unterstützten die von den Herren des Stagno eingesetzten und bezahlten Wachleute (arrolliadoris) bei der Kontrolle des gesamten Fischgewässers zur Abwehr von illegal fischenden Personen.
Bogheris
Die bogheris (von bogai, rudern) bildeten eine größere Gruppe. Sie waren zwischen 21 und 65 Jahre alt und begannen Anfang September mit dem Fischen, mit dem sie am 30. April des Folgejahres wieder aufhören mussten. Sie arbeiteten in Booten, die kleiner waren als die der poigeris und bracas pranas (flache Boote) oder bracas de is cullegas genannt wurden. Denn diese Boote waren in „cullegas“ unterteilt, zehn Gruppen von jeweils vier Booten, die gemeinsam mit speziellen Netzen arbeiteten, dem „arretza impìllada a to(n)us“ und dem 35 bis 40 Meter langen Einzelnetz namens „ungiua“.
In den Monaten Mai bis August, in denen ihnen jegliche Fischereitätigkeit untersagt war, konnten die bogheris entweder ihren Lebensunterhalt als Landarbeiter auf der Sinis-Halbinsel verdienen oder auf Booten arbeiten, die im Golf von Oristano fischten, oder sogar als Fischer mit aufs offene Meer fahren.
Beide Kategorien (poigeris und bogheris) waren in sechs Kooperativen organisiert, die Anspruch auf 60 Prozent des Fangs hatten, während die restlichen 40 Prozent täglich vom Unternehmen abgenommen und verkauft wurden.
Paramitaius
An der Basis des gesamten komplexen, feudalistisch-pyramidenartigen Organisationssystems standen die is paramitaius (palamitai, Langleinenfischer). Sie galten im Allgemeinen als die ärmsten Fischer des Stagnos, obwohl auch sie es – mal mehr, mal weniger – schafften, ihre Familien so zu versorgen, dass sie in Würde leben konnten.
Die paramitaius fischten in der Regel mit su paramitu (Langangel), die für den Aalfang bestimmt war. Dabei handelte es sich um eine sehr lange, oft über einen Kilometer messende Hauptschnur, sa cade(n)a, die früher aus Baumwolle, später dann aus Nylon bestand. An ihr waren im Abstand von ca. einem Meter Hunderte Bugais (Bänder) befestigt, an deren Ende jeweils ein Haken (mesu passa oder u(n)a etada) geknotet war. Dieser war ursprünglich aus den Zweigen des Christusdorns, später dann aus Metall gefertigt.
Diese lange Angelschnur wurde zu bestimmten Zeiten des Jahres täglich eingesetzt. Dafür wurde sie von geschickten Händen vorbereitet und ordentlich in einem nicht allzu großen Korb (su cadi(n)eddu) verstaut. Sie wurde in der Abenddämmerung oder am frühen Nachmittag, manchmal auch mitten in der Nacht, im seichten Wasser des Stagnos (mollai paramitu) ausgelegt, um am nächsten Tag bei Sonnenaufgang (ponendi tinta) wieder herausgeholt zu werden (srapai paramitu).
Nicht selten belohnten großzügige Fänge die harte Arbeit der Fischer, bei der die ganze Familie mithalf. Die Frauen – Ehefrauen, Töchter und Schwestern – halfen vor allem beim Wiederherrichten der Ausrüstung mit. Nach dem Gebrauch war es notwendig, verlorene Haken zu ersetzen (cambiai gamus), die Schnur zu entwirren (stirai su paramitu) oder sie ganz zu erneuern, wenn sie verschlissen und unbrauchbar geworden war. Die Söhne hingegen, die fast immer keine andere Arbeit hatten und nur selten zur Schule gingen, waren damit beschäftigt, neue Köder (Regenwürmer, Insektenlarven, Schnecken, Garnelen, Mägen vom Karpfen und in Ausnahmefällen auch Reste von Eingeweiden anderer Tiere) zu finden.
Manchmal war im Umfeld des Stagno kein Köder mehr zu finden und er wurde kostbar. Die Ängste und Sorgen der armen Fischer wuchsen. Sie mussten dann weite Strecken zurücklegen, oft zu Fuß, um einen guten Vorrat zu bekommen. Selbst die weiter weg gelegen Gegenden in der Nähe der Feuchtgebiete von Macomer, Sardara, Sanluri, Quartu und Cagliari, wohin man mit dem Zug fahren konnte, wurden dann zur Ködersuche genutzt.
Erwähnenswert ist die Bedeutung der originellen Boote (su fasso(n)i), die von den palamitai benutzt wurde. Jeder von ihnen besaß ein solches Boot. Das stellte er selbst mit meisterlichem Geschick her – quasi als Beleg für seine Fähigkeit, etwas erschaffen zu können, was man durchaus als vergängliches Kunstwerk bezeichnen könnte.
Die Boote wurden fasso(n)i) genannt, weil sie aus Bündeln von Pflanzenhalmen hergestellt (Bündel heißt im lokalen sardischen Dialekt fasci). Die Halme stammten von der Kugelbinse (italienisch scirpo und sardisch fe(n)u), einer Sumpfpflanze, die einst am Stagno und an den Kanälen reichlich wuchs. Die Kugelbinse wurde zu bestimmten Zeiten des Jahres (Mai - Juni) geerntet und getrocknet. Sie garantierte den Booten einen idealen Auftrieb, der sogar das Gewicht von zwei Personen, oft Vater und Sohn, tragen konnte. Und sie verlieh den Booten eine große Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Wasser und damit eine recht lange Nutzungsdauer.
Acht Monate im Jahr konnten die paramitaius im Stagno fischen. Nach diesem Zeitraum, der von der ersten Septemberhälfte (cabudanni) bis zum April dauerte, wurde diese Art des Fischfangs unterbrochen, obwohl die palamitai einen bedeutenden Geldbetrag pro Jahr (s'arrendu) zahlten, um ihrer Arbeit nachgehen zu können.
Den paramitaius war es im Übrigen absolut verboten, Netze zu verwenden. Genau aus diesem Grund waren die Fischer immer wieder gehalten, die Vertragsverlängerung für das kommende Jahr (pragontai porra) direkt beim su meri 'e pischera, also beim Eigentümer des Stagno selbst, zu beantragen. Diese wurde im Allgemeinen bis zum 24. Mai, dem Tag des Patronatsfestes von Santa Maria Assunta, oder doch wenigstens bis zum 13. Juni, dem Tag des Festes von Sant'Antonio, gewährt.
Den palamitai war außer dem Fischen mit der Langangel noch eine andere Aktivität erlaubt, mit der sie ihr Einkommen, wenn auch nur geringfügig, erhöhen konnten. Sie konnten nämlich mit Speeren (abarrudai) ein paar Meeräschen oder weniger wertvolle Fische wie Karpfen fangen. Um die Erfolgsaussichten zu erhöhen, arbeiteten sie in Gruppen (parànta su ballu). Sie führten im übertragenen Sinne einen „Tanz“ (sardisch ballu) auf, indem sie einen Kreis bildeten und diesen zur Mitte hin immer weiter verengten. So konnten sie die zusammengetriebenen Fische besser treffen. Dies geschah fast immer in der Nähe des sumpfigen Schilfs oder in der Nähe des steinigen, mergelhaltigen Stagno-Bodens (groga), wo die Fische normalerweise Schutz suchten und daher leichter zu fangen waren.
Nach der harten Arbeit des Tages mussten die Boote, bevor man sich zur wohlverdienten Ruhe begeben konnte, zum Trocknen aus dem Wasser herausgezogen werden. Die jüngeren Fischer ließen es sich nicht nehmen, den älteren dabei zu helfen und dadurch ihren Respekt zu erweisen. Alle fasso(n)is wurden angehoben und mit Hilfe der Ruder abgestützt, wobei der Bug nach oben zeigen musste. So konnten die Boote schneller trocknen und hatten eine längere Lebensdauer.
Die Revolte
Die feudalistisch geprägte Organisation des Fischfangs im Stagno di Cabras ermöglichte zwar eine effiziente Verwaltung, sie hielt Cabras aber gleichzeitig in einer Art Pattsituation, die zu einem deutlichen Stillstand in der Entwicklung des Dorfes führte. Die tzaracus, poigeris, bogheris und sciagoteris standen auf der Seite der Herren des Stagno, weil sie fürchteten, ihre Privilegien oder zumindest den geringen aber sicheren Gewinn zu verlieren. Die paramitaius und die illegal Fischenden, später auch die spado(n)adoris oder scioperantis, stellten sich gegen die Herren. Die Situation wurde immer weniger hinnehmbar, bis das Regionalgesetz Nr. 39 von 1956 die feudalen Rechte an den Binnengewässern auf Sardinien für abgeschafft erklärte.
Angespornt durch das Beispiel ihrer Kollegen aus Marceddì, die ihren Stagno besetzt hatten, dachten die Fischer von Cabras über ähnliche demonstrative Aktionen nach. Die Revolte ging von der Basis aus, von denen, die nichts zu verlieren hatten, da diejenigen, die in einer besseren Position waren, sich auf die Seite der Herren stellten. Nach einem ersten erfolglosen Versuch, der viel Mut erforderte, weil die Menschen es wagten, auf die Straße zu gehen und die meris und die tzaracus frontal herauszufordern, wurde 1960 die Besetzung des Stagno beschlossen. Dabei nahmen die aktiv kämpfenden Fischer auch immer wieder in Kauf, wegen ihrer Aktionen angeklagt und verurteilt zu werden. Die übergroße Mehrheit von ihnen saß deshalb für viele Monate oder gar für Jahre im Gefängnis.
Die Besetzung des Stagnos war ein wichtiger Meilenstein in der Geschichte des Dorfes: Zum ersten Mal fühlten sich die Fischer, oder zumindest ein Teil von ihnen, wirklich geeint, indem sie ihre individualistischen Haltungen und ihre Ängste überwanden.
Im Kampf für das Recht, im Stagno zu fischen, spielten auch die Frauen eine sehr bedeutende Rolle. Denn sie standen stets sehr eng an der Seite ihrer Männer und unterstützten sie.
Erst Anfang der 1980er Jahre ging der Stagno di Mar 'e Pontis mit seinen Fischfanganlagen endgültig in die Hände der Region Sardinien über. Er wurde jetzt von den Fischerkooperativen selbst verwaltet, die mit ihren mutigen Aktionen der Vorherrschaft der Eigentümer und der jahrhundertealten, hierarchisch geprägten Arbeitsteilung ein Ende bereitet hatten.